Maschinensturm und Fabrikenprotest sind zwei vor allem in der Phase des Wandels von der protoindustriellen zur frühindustriellen Gesellschaft existierende Formen des sozialen Protests.
Während Maschinensturm die gewaltsame Zerstörung von Maschinen, oft auch von Rohstoffen, halbfertigen und fertigen Waren meint, bezeichnet der Fabrikenprotest die gewaltsame Zerstörung von persönlichem Eigentum des Fabrikanten, wie Haus und Möbel, wobei ein besonderes Augenmerk auf Objekte“ demonstrativen Reichtums“ gerichtet ist.
Obschon Maschinensturm und Fabrikenprotest vor allem symptomatisch für den durch die Frühindustrialisierung hervorgerufenen strukturellen und sozialen Wandel sind, ihr Vorkommen sich entsprechend vornehmlich auf den Zeitraum zwischen 1800-1850 beschränkt, sind sie eher in die traditionelle Form sozialen Konflikts eingebettet, als dass sie auf dieser Ebene einen qualitativen Umbruch bedeuten.
Maschinensturm hat es auch vor der Industrialisierung gegeben.. Aber auch wenn die Zünfte der Einführung neuer Techniken oftmals eher skeptisch gegenüberstanden, zeigt diese Tatsache nicht unbedingt eine direkte Linie vom Gebaren zünftiger Handwerksmeister zum Maschinensturm der Heimgewerbetreibenden oder Fabrikarbeiter auf – die Motive waren unter-schiedlich. Auch der Fabrikenprotest schöpft aus dem Konfliktverhalten sozialen Protests, namentlich des Subsistenzprotests, der vor allem im ausgehenden 18. Jahrhundert vorzufinden ist.
Hier, wie beim Fabrikenprotest, wenn er nicht gerade dem Motiv des „collective bar gaining by riot“, also dem kollektiven Verhandeln mittels Aufruhr, entspringt, ist als besonderes Merkmal die Bestrafungsaktion zu verzeichnen, bei der Kaufleuten oder Fabrikbesitzern die Objekte demonstrativen Reichtums oder Waren, mit denen Wucher betrieben worden ist, zerstört werden.
Auch der Maschinensturm kann den Charakter einer Bestrafungsaktion fragen. In jedem Falle soll auf diese Weise eine als Unrecht empfundene Ordnung sanktioniert werden. Die Rechtsauffassung, die sich bei den Subsistenzprotesten durchsetzte, die Auffassung nämlich, dass für die Nahrung ein gerechter Preis zu zahlen sei, übertrug sich in der Industrialisierung auf das Empfinden, der Fabrikant müsse gerecht handeln. Aus der Sicht der Ludditen, aber auch der Träger der Unruhen in Deutschland handelt es sich um „einen Kampf zwischen traditionellem Paternalismus und marktwirtschaftlichen Fabrikensystem [..]. Der historische Konflikt zwischen zwei gesellschaftlichen Ordnungen wird im Maschinensturm wie in einem Brennglas vergrößert und überdeutlich sichtbar.“
Während diese Ansicht einen Konsens in der allgemeinen Geschichtsauffassung markiert, sind sich die Historiker nicht immer einig: Wo Büttner im Rahmen der kommunistisch-sozialistischen Geschichtsschreibung die Weberaufstände in Schlesien als Beginn des deutschen Proletarierbewusstseins und damit als Ausgangspunkt der Arbeiterbewegung sieht, stellt sich Herzig gegen eine zu starke Akzentuierung der Singularität dieses Ereignisses und erkennt auch in früheren Maschinenstürmen und Fabrikenprotesten eine Wurzel der Arbeiterbewegung. Büttner richtet sich des weiteren gegen Engelmann, der in der Weberrevolte keinen „Vorboten der Revolution von 1848“ erkennen mag, und macht damit eine politische Dimension nicht im Bewusstsein der Weber, aber im Ereignis selbst aus. Den Ludditen dagegen wird von Thompson bewusster politischer Protest gegen das laissez-faire-Prinzip bescheinigt. Will man dieser Argumentation folgen, so wären auch die deutschen Maschinenstürme und Fabrikenproteste politisch motiviert. Im Gegensatz zu Thompson spricht die liberale Geschichtsschreibung den Maschinenstürmern jegliche politische Ziele ab und betont damit einen rein industriellen Aspekt.
Auch unter anderen Gesichtspunkten sind unterschiedliche Meinungen vorzufinden. Die konservativ-bürgerliche Geschichtsschreibung wertet die Maschinenstürme in England als einen „blinden, spasmodischen Versuch, der Industrialisierung Einhalt zu gebieten“, der angesichts der Entwicklung der Geschichte sinnlos erscheint, wogegen Hobsbawm als Erster betont, dass Maschinensturm im allgemeinen trotz relativer Erfolglosigkeit oft die einzig adäquate Protestform darstellte.
Im folgenden sollen sowohl Maschinensturm als auch Fabrikenprotest und deren Besonderheiten näher dargestellt werden. Im Vordergrund steht vor allem die schon erwähnte Ludditenbewegung in England, und die vereinzelt auftretenden Fabrikenproteste und Maschinenstürme in Deutschland, dabei insbesondere der Maschinensturm 1821 in Eupen. der Fabrikenprotest 1830 in Aachen und 1840 im Iserlohn, sowie die Unruhen in Schlesien und Böhmen 1844.
In einem ersten Schritt werden die wirtschaftlichen Besonderheiten der einzelnen Regionen und die Ereignisse als solche knapp dargestellt. Darauf aufbauend werden dann einzelne Aspekte der Ludditenbewegung und der Ereignisse in Deutschland vergleichend erörtert. Hierdurch soll eine systematische Analyse der Anlässe und Motive, der Trägergruppen, ihres Organisationsgrades, der Reaktion der Obrigkeit und des eventuellen Erfolges der Konflikte und damit eine Erhellung der oben aufgeworfenen Problematik möglich gemacht werden. Die Auswahl der verschiedenen Beispiele soll ein möglichst differenziertes Gesamtbild erlauben und trägt damit dem Bemühen Rechnung, verschiedene Facetten des Fabrikenprotests und Maschinensturms hervorzuheben. Es wird allerdings auf eine Hinzunahme der Ereignisse verzichtet, bei denen eine Vermischung des Maschinensturms mit politischen oder antisemitischen Motiven stattfand, wie z.B. 1848 in Wien.
Die Ludditen sind nicht die ersten, wohl aber die bekanntesten und am meisten erforschten Maschinenstürmer der Frühindustrialisierung. Fälschlicherweise als Synonym für Maschinenstürmer generell verwendet, unterstellen ihnen Zeitgenossen und Historiker politische Reformabsichten, gewerkschaftliche Ziele, revolutionäres Bestreben oder simple Kriminalität und Unterschichtenprotest.
Tatsächlich sind die Ludditen jedoch die Heimgewerbetreibenden, die von 1811 bis 1814 in der Textilindustrie Mittelenglands Maschinensturm als überlegte und kalkulierte Politik anwendeten, nachdem alle anderen ihnen zur Verfügung stehenden Mittel des Protests angesichts der veränderten Situation des industriellen Umbruchs scheiterten. Gewalt war also letztes Mittel und bei den Ludditen in einer bemerkenswert hochentwickelten und disziplinierten Form.
Ob es nun tatsächlich einen Jungen namens Ned Ludd gegeben hat, den die Ludditen als ein Symbol ihres „Aufstandes“ gegen die ungerecht handelnden Manufakturbesitzer wiederaufgriffen, oder ob es einen oder mehrere wirkliche Anführer der Ludditengruppen gab, die alle Aktionen planten, ist bis heute ungewiss. Die Gestalt des General Ludd wurde jedoch schon zur Zeit der Ludditen-Bewegungen derart mystifiziert, dass sie als Symbol des Willens der Textilarbeiter von großer Bedeutung ist.
Die wirtschaftliche Lage in England hatte sich seit 1809 extrem verschlechtert. Eine Serie von Missernten ließ die Preise steigen. Der amerikanische Non-Intercourse-Act vom Februar 1811 wirkte sich negativ auf den englischen Export nach Amerika aus, und die Folge war hohe Arbeitslosigkeit in den hauptsächlich für den Export produzierenden Textilgewerben.
In dieser schrumpfenden Marktsituation versuchten Meister und Verleger, durch veränderte Herstellungsmethoden, unqualifizierte Arbeitskräfte und niedrige Löhne ihr Geschäft zu retten. Die wachsende Lobnarbeiterschicht hatte jedoch unter dem Combination Act von 1799 keine Möglichkeit, sich gegen die Veränderungen im Arbeitsbereich zusammenzuschließen.
Die Situation war also angespannt. Zudem förderte die englische Regierung seit 1660 technische Innovationen und regelte die Wirtschaft immer mehr nach dem laissez-faire-Prinzip. Trotzdem waren um 1800 die Wirtschaftspioniere noch in der Minderheit, da die Profitschwelle der teuren neuen Maschinen für viele kleine Manufakturbesitzer zu hoch war. Einige Maschinen, die die Ludditen zerstörten, wie etwa den Strumpfwirkrahmen, waren bereits seit über 200 Jahren im Gebrauch, gegen andere wurde bei der Einführung kaum protestiert; die Zerstörung richtete sich also nicht generell gegen die Maschine an sich, sondern vielmehr gegen die sozialen Veränderungen, die durch die Maschine, bzw. die vereinfachten Produktionsweisen drohten.
Gerade im damals vorherrschenden Verlagssystem mit seinen speziellen Problemen wie die Stuhlmiete und die Höhe des Lohnes und Stückpreises hatte der Maschinensturm, neben Verhandlungen mit Verlegern und Meistern, eine lange Tradition im Arbeitskampf; neu waren beim Luddismus nur die zeitliche und räumliche Dimension, der Organisationsgrad und die Intensität des Maschinensturms.
Die Luddismus-Bewegung muss in drei verschiedene Wellen geteilt werden, die nicht nur geographisch, sondern auch in Bezug auf ihre Aktionsformen und Organisationsgrade sehr klar unterschieden werden können.
Der erste Ausbruch Anfang Februar 1811 erfolgte in Nottingham nach gescheiterten Verhandlungen der Strumpfwirker über Lohnkürzungen und eine neue Maschinenfertigung, die sogenannten cut-ups, die von ungelernten Arbeitskräften auf großen Webrahmen geschnitten werden konnten und somit billiger waren. In einer einzigen Nacht wurden 60 Wirkrahmen zerstört, wobei aber sehr selektiv vorgegangen wurde und nur zu große Wirkrahmen uneinsichtiger Verleger vernichtet wurden. Bis Anfang April wurden noch weitere Wirkrahmen zerstört, dann blieb es bis November relativ ruhig. Ende des Jahres breiteten sich neue Angriffe auf Leicestershire und Derbyshire aus. Hier wurde die Bewegung zwar durch starke Gegenreaktion schon im Keim erstickt, in Nottinghamshire selber wurden aber noch bis Ende Februar etwa 200 Rahmen im Monat zerstört.
Zunächst konnte selbst starke Militärpräsenz die Angriffe nicht stoppen, da es unmöglich war, die Stühle vor den kleinen Gruppen von Strumpfwirkern zu schützen, die umherzogen, heimlich in die Häuser mit den „unfairen“ Wirkrahmen eindrangen und diese zumeist ohne großen Widerstand der jeweiligen Meister vernichteten. Erst ein Gesetz, das Maschinensturm unter Todesstrafe stellte, und die, zumindest kurzfristige, Erfüllung der wichtigsten Forderungen der Ludditen brachte im Februar 1812 ein Ende in Nottingham.
Auch die Tuchscherer in Yorkshire, die etwa zeitgleich mit den Ludditen in Nottinghamshire zur Gewalt griffen, hatten zuvor alle legalen Mittel ausgeschöpft, um ihre Handarbeit gegen die Einführung des Scherrahmens zu sichern. Die Form ihres Protestes war zunächst ähnlich der in Nottingham, die Yorkshire-Ludditen stießen aber bis April 1812 kaum auf Gegenreaktion, da Magistrate und Militär die Verantwortlichkeiten nicht klären konnten. Erst ein größerer Angriff auf eine stark verteidigte Fabrik brachte 2 Todesopfer auf Seiten der Ludditen und damit eine Eskalation der Gewalt: Ein Fabrikant wurde ermordet, nächtliches Drillen, Plünderungen und Marktunruhen beunruhigten die Autoritäten. Spione und ein starkes militärisches Aufgebot beendete die Bewegung in Yorkshire schließlich im September 1812.
Die letzte Welle setzte im März 1812 in Lancashire ein, hatte aber von allen drei Wellen am wenigsten mit dem „reinen“ Luddismus zu tun; Maschinensturm war nur noch eine von vielen Formen allgemeiner Unordnung. Die Weber Lancashires wehrten sich gegen die neuen dampfgetriebenen Webstühle, die zwar noch nicht häufig vorkamen, aber die Weber zunehmend ins Fabriksystem drängten und ihre Selbständigkeit bedrohten. Nachdem einzelne Fabrikanten ihr Versprechen, diese Dampfwebstühle nicht einzuführen, nicht hielten, kam es zu einigen „reinen“ Maschinenstürmen und zahlreichen Hungerprotesten und politischen Agitationen, die immer wieder, wie im Falle von „General Ludd’s wives“ oder bei der „Declaration of the City of London“, zu anschließendem Maschinensturm führten. Ein allgemeiner Aufstand am 1.Mai wurde befürchtet, fand aber nicht statt, und Militär sorgte, von vereinzelten Drillübungen abgesehen, schnell für Ruhe.
Die drei Wellen sind sehr verschieden: Während in Nottingham der Maschinensturm im Rahmen des collective bargaining steht und in Yorkshire ähnlich diszipliniert beginnt, nur im weiteren Verlauf in allgemeine Unruhe entgleist, ist er in Lancashire tatsächlich gegen die Maschinen an sich gerichtet und nicht so sehr mehr als Druckmittel verwendet und vermischt sich am meisten mit krimineller und politischer Aktivität.
Die Autoritäten nahmen ebenso wie viele Historiker eine Verbindung der drei Distrikte durch Delegierte an, doch dafür sind die Beweise zu schwach und die Aktionen zu unterschiedlich.
Bei Klärung der Frage hinsichtlich der Motivation muss zwischen den unterschiedlichen Protestträgern differenziert werden. Die Heimgewerbetreibenden, die in Eupen, Aachen und auch in Yorkshire aktiv geworden sind, hatten die Zerstörung der neuen Maschinen als unmittelbaren Konkurrenten im Auge.
Die Tuchschermaschinen bedrohten die hochqualifizierten und meist gut entlohnten Tuchscherer direkt und machten aus dem von ihnen garantierten Produktionsgang eine Arbeit, die ohne größere Kenntnis von komplizierten Fertigungsweisen relativ einfach, d.h. von ungelernten Arbeitern bewerkstelligt werden konnte. Somit wirkten die neuen Maschinen nicht nur lohndrückend. Sie bedeuteten auch einen sozialen Abstieg und untergruben sowohl Prestige wie auch Selbstverständnis der Tuchscherer.
Auch die schlesischen Weber waren Heimgewerbetreibende. Aufgrund der geringen Industrialisierung Schlesiens konnten die Weber die Maschinen jedoch nicht als Bedrohung empfinden. Der Maschinensturm, dem die Jacquardmaschine des Fabrikanten Dierig zum Opfer fiel, ist daher eher im Rahmen des Fabrikenprotests zu sehen, der das Hauptcharakteristikum des Weberaufstandes darstellt.
Die Motivation der schlesischen Weber scheint nicht im eigentlichen Sinne auf ein „konstruktives“ Ziel ausgerichtet zu sein. Während die anberaumten Verhandlungen mit Zwanziger zur Lohnerhöhung führen soll, kann der Fabrikenprotest nicht als „collective bargaining by riot“ verstanden werden. Es scheint sich hierbei weniger um ein Druckmittel als um eine Bestrafungsaktion zu handeln, die den Fabrikanten angedacht wird, die selbst auf demonstrativen Reichtum nicht verzichten, während sie die Weber durch Strafabzüge, geringe Entlohnung, und andere Maßnahmen an den Rand des Existenzminimums drücken. Hier wird das unmoralische Handeln, das von der Vorstellung der “ moral economy“ abweichende Handeln bestraft, wie es schon bei früheren Hungerrevolten durchaus üblich war, und zwar auch von denen, die als „Hinzutreter“ nicht eigentlich betroffen waren. Dabei wurden vor allem Objekte demonstrativen Reichtums zerstört.
Die Industrialisierung in den Webergebieten Lancashires war, ebenso wie in Schlesien 30 Jahre später, noch nicht sehr weit entwickelt, dennoch ist die Motivation der englischen Ludditen hier eine andere: Während die Schlesier vom Hunger getrieben waren, ging es den englischen Webern um den Erhalt ihrer Selbständigkeit, die von den noch nicht sehr zahlreichen Dampfwebstühlen bedroht wurde. Auffällig ist, dass der Maschinensturm dort am ehesten ausbrach, wo die Mechanisierung am weitesten vorgedrungen war. Da auch das politische Selbstbewusstsein in England – schon traditionell – gereifter war als in Schlesien, hatte der Maschinensturm hier darüber hinaus eine politische Dimension.
In Böhmen und Iserlohn ist die Trägerschicht eine andere als in den bisher geschilderten Fällen, nicht aber unbedingt die Motivation. Die Arbeiter, die im geschlossenen Fabrikensystem integriert waren, wehrten sich zunächst nicht gegen die Maschinen, die ihnen letztlich ihr Auskommen gaben, das oftmals sehr viel höher lag als das von Heimgewerbetreibenden. So verteidigten die Arbeiter Dierigs seine Fabrik.
Auch bei den Maschinenstürmen im Rahmen der Märzrevolution 1848 in Wien war dies zu beobachten. Die Loyalität war allerdings dort nicht gegeben, wo die Anschaffung neuer Maschinen auch für diese Arbeiter nachteilig war.
In Böhmen hatte die Einführung der Perotine ähnliche Folgen für die Kattundrucker wie die Einführung der Tuchschermaschine für die Scherer in Eupen und Aachen. Die Prager Kattundrucker reagierten jedoch nicht gleich mit Maschinensturm. Entsprechend der Tatsache, dass sie von der Obrigkeit die Sicherstellung der Arbeitsverhältnisse gemäß ihrer Vorstellung der „moral economy“ erwarteten, verfassten sie ab 1819 zahlreiche Beschwerden an die Behörden, in denen sie die Nachteile der Maschinen formulierten. Desgleichen verbreiteten sie ein Flugblatt an die Prager Bürger.
Die Perotine setzte aufgrund ihrer hohen Effizienz erst einmal eine große Zahl an Kattundruckern frei. Durch die Vereinfachung des Produktionsganges war auch hier das Einsetzen von unqualifizierten und damit billigeren Arbeitern möglich. Die Anschaffung neuer Maschinen wirkte darüber hinaus in mehrfacher Hinsicht lohnmindernd: neben der Konkurrenz durch billigere, unqualifizierte Arbeiter ließ der Überschuss an Arbeitskräften die Löhne sinken. Daher war es für die Fabrikanten ein leichtes, die Investitionen über geringere Löhne auszugleichen. So war die Lohnkürzung des Fabrikanten letztlich kein Einzelfall.
Es ist erstaunlich, dass die Prager Kattundrucker, die die Konsequenzen der Perotine ja genau reflektierten, nicht früher zum Mittel des Maschinensturms griffen, zumal nachdem ersichtlich wurde, dass der Staat keine vermittelnde Instanz darstellte. Obschon sie die Nachteile der neuen Maschinen in den Beschwerden, in ihrem Flugblatt und in der dem Maschinensturm folgenden Solidaritätsaufforderung an die Kattundrucker Leipas präzise analysierten, ist eine genaue Bestimmung ihrer Motivation schwierig.
Eine Trennungslinie zwischen der oben dargestellte Motivation zum Maschinensturm und einer reinen Bestrafungsaktion eines uneinsichtigen Fabrikanten ist nicht sauber zu ziehen. Dass der Maschinensturm nicht Ausfluss diffuser, unreflektierter Maschinenfeindlichkeit ist, zeigen nicht nur die Äußerungen der Böhmer Kattundrucker.
In Iserlohn, wo ein neues Produktionsverfahren eingesetzt wurde, gingen die Arbeiter nicht gegen die Maschinen vor, sondern gegen die daraus resultierende Änderung in der Personalstruktur. Der Fabrikenprotest scheint hier noch am ehesten, wie auch der versuchte Maschinensturm in Aachen, nach Aussagen der Beteiligten im Sinne eines „bargaining by riot“ motiviert gewesen zu sein.
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